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Sagen und Geschichten

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Romulus und Remus

Romulus und Remus waren der Sage nach Kinder des Gottes Mars und der Rhea Silvia. Die war die Tochter von Numitor, dem König von Alba Longa (einer Stadt in der Nähe von Rom). 

Numitors Bruder Amulius wollte gerne selber König werden und stieß Numitor vom Thron. Rhea Silvia machte er zur Vestalin, einer Priesterin. Trotzdem bekam sie von dem Gott Mars die Zwillinge Romulus und Remus.

Amulius wollte nicht, dass Romulus und Remus später den Thron besteigen und ließ sie deshalb am Tiber aussetzen. Eine Wölfin fand aber die Babys und säugte sie. Später nahm ein Hirte namens Faustulus sie mit nach Hause und zog sie groß.

 

Eines Tages wurde Remus von den Hirten des Numitor gefangen genommen und Numitor vorgeführt. Faustulus und Romulus gingen darauf zu Numitor, um Remus zu befreien. Durch die Erzählung des Hirten und die Ähnlichkeit der Zwillinge mit ihm selbst schloss er, dass sie seine Enkelkinder waren. Sie stürzten Amulius und verhalfen Numitor wieder zum Thron.

An der Stelle, an der sie damals von Faustulus gefunden worden waren, wollten Romulus und Remus nun eine neue Stadt gründen. Sie gerieten jedoch in Streit. Remus machte sich über die niedrige Mauer lustig, die Romulus als Befestigung erbauen ließ. Er sprang darüber. Da erschlug Romulus seinen Bruder und herrschte von nun an über Rom.

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Mit den Augen eines Wolfes

Seit den Zeiten, als nur Sonne und Mond uns Licht gaben, kannte ich Dich. Aus den riesigen und undurchdringlichen Wäldern heraus beobachtete ich Dich. Ich war Zeuge, als Du das Feuer bändigtest und fremdartige, neue Werkzeuge machtest.

 

Von den Kämmen der Hügel und Berge aus sah ich Dich jagen und beneidete Dich um Deine Jagderfolge. Ich fraß Deine Beutereste und Du fraßt meine Beutereste.

 

Ich lauschte Deinen Gesängen und sah Deinen Schatten um die hellen Feuer tanzen. In einer Zeit, so weit zurück, dass ich mich kaum mehr erinnern kann, schlossen sich einige von uns Dir an um mit Dir an den Feuern zu sitzen. Sie wurden Mitglieder Deines Rudels, jagten mit Dir, beschützten Deine Welpen, halfen Dir, fürchteten Dich, liebten Dich.

 

Und für sehr lange Zeiten lebten wir so zusammen, denn unsere Wesen waren sich sehr ähnlich. Deswegen hast Du die Zahmen von uns adoptiert. Ich weiß, einige von Euch respektieren auch mich, den Wilden. Ich bin ein guter Jäger. Auch ich respektierte Dich. Auch Du warst ein guter Jäger. Ich sah Dich oft gemeinsam mit den Zahmen Beute erlegen.

 

In jenen Zeiten gab es alles im Überfluss. Es gab nur wenige von Euch. Die Wälder waren groß. Wir heulten zusammen mit den Zahmen in der Nacht. Einige von ihnen kehrten zu uns zurück, um mit uns zu jagen. Einige von ihnen fraßen wir, denn sie waren uns zu fremd geworden. So lebten wir zusammen für lange, lange Zeiten. Es war ein gutes Leben.

 

Manchmal stahl ich von Deiner Beute, und Du stahlst von meiner Beute. Erinnerst Du Dich, wie Dein Rudel hungerte als der Schnee hoch lag? Du fraßt die Beute die wir erlegt hatten. Das war unser Spiel. Das war unsere gegenseitige Schuld. Manche nannten es ein Versprechen.

 

Wie viele der Zahmen aber wurdest auch Du uns immer fremder. Wir waren uns einst so ähnlich, aber jetzt erkenne ich einige der Zahmen nicht mehr und ich erkenne auch einige von Euch nicht mehr. Du machtest auch die Beute zahm. Als ich begann, deine zahme Beute zu jagen (es waren dumme Kreaturen auf die die Jagd keine Herausforderung war, aber die wilde Beute war verschwunden), jagtest Du mich und ich verstand nicht, warum.

 

Als Deine Rudel immer größer wurden und begannen, gegeneinander zu kämpfen, sah ich Eure großen Kriege. Ich fraß jene, die Du erschlagen hattest. Dann jagtest Du mich noch mehr, denn für mich waren sie Nahrung, aber Du hattest sie getötet.

 

Wir Wilden sind nur noch wenige. Du zerstörtest unsere Wälder und brachtest viele von uns um. Aber ich jage immer noch und füttere meine versteckten Welpen, wie ich es immer getan habe. Ich frage mich, ob die Zahmen eine weise Wahl trafen, als sie sich Euch anschlossen. Sie haben den Geist der Wildnis vergessen. Es gibt viele, viele von ihnen, aber sie sind mir so fremd.

 

Wir sind nur noch wenige und ich beobachte Dich immer noch, um Dir auszuweichen.

Ich denke, ich kenne Dich nicht mehr länger.

 

(Canis lupus)

Quelle: Buch "Brother Wolf" von Jim Brandenburg

 

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